

Hallo, ich bin Andreas
Ein Appell, der wachrütteln soll. Zehn Menschen starben bei der Amoktat in Graz. Doch Gewalt beginnt oft viel früher. Dieser Text ist ein persönliches Statement als psychosozialer Berater, Vater und Mensch.
Posting 1:
Posting 2:

Thema des Tages
Jetzt schauen alle hin. Aber wer hat damals hingeschaut?
Und ein elftes Leben, das zerstörte und sich selbst mit.
Politikerinnen und Politiker, Direktorinnen und Direktoren sowie andere Verantwortliche sprechen von Prävention, holen Pläne aus der Schublade, halten Pressekonferenzen.
Sie sagen: „Das darf nie wieder passieren.“
Aber wo wart ihr, bevor es passiert ist?
Und das Wegsehen, das gibt es schon viel zu lange.
Ist das gemobbte Kind das Problem?
Niemand benennt den Schmerz, den er verursacht. Und so bleibt alles unausgesprochen. So bleibt das System bequem und das Kind allein.
„Ja. Aber du hörst mir zu.“
Weil sie zeigen, woran es fehlt.
Im übersehenen Schmerz.
Doch das ist nicht der Anfang. Das ist das Ende.
Wie verhindern wir, dass ein Mensch überhaupt erst zur Täterin oder zum Täter wird?
Das geht nur mit echter Prävention und echtem Willen.
Doch genau hier fehlt es.
Prävention beginnt viel früher. Dort, wo psychosoziale Beraterinnen und Berater, Traumapädagoginnen und Traumapädagogen sowie Krisenfachkräfte längst bereitstehen, zuhören, stabilisieren. Wenn man sie nur ließe.
Lehrkräfte sagen mir, sie hätten gerne mehr Unterstützung, aber dürfen niemanden anstellen. Die Bildungsdirektionen und Bundesregierung geben keine weiteren Mittel frei.
„Wir tun alles, damit so etwas nie wieder passiert.“
Nein. Das tut ihr nicht.
Und hört auf, so zu tun, als sei Prävention ausschließlich Psychotherapie.
Ich habe die Tränen einer Mutter gehört, die ihr ermordetes Kind zu Grabe getragen hat.
„Sie haben uns gebeten, still zu sein. Mitten im Schmerz.
Damit das öffentliche Bild nicht beschädigt wird.“
Eine Mutter eines der ermordeten Kinder vom Amoklauf in Graz hat mir auf mein Posting geschrieben.
Sie hat mir eine Sprachnachricht geschickt.
Sie konnte kaum sprechen.
Sie hat geweint, gerungen um Worte.
Weil sie niemand hört.
Weil ihre Stimme so wie die ihres Kindes im Lärm der Welt untergeht.
Ich habe Tränen in den Augen gehabt, als ich sie gehört habe.
Weil sie gerade ihr Kind zu Grabe getragen hat.
Ein Kind, das sie nie wieder in den Arm nehmen kann.
Ein Kind, das Opfer eines Amoklaufs wurde.
Und während Politiker vor Mikrofonen sagen:
„Das darf nie wieder passieren“,
passieren im Hintergrund Dinge, die fassungslos machen.
Die Stadt verspricht Hilfe, aber liefert nur Schweigen.
Versprochen wurde, dass alle Begräbnisse bezahlt werden.
Aber was nicht gesagt wird:
Nur jene, die in Österreich stattfinden nicht jene Kinder,
deren Familien sie in der Heimat beerdigen wollen.
„Wer „spart“ schon für die Beerdigung seines Kindes?“
sagte mir die Mutter leise unter Tränen.
Ein Satz, der mir das Herz zerrissen hat.
Sie haben als Eltern versucht, mit einem GoFundMe Spenden zu sammeln, weil es keine offizielle Unterstützung gab.
Bis heute warten sie auf Antworten.
Bis heute herrscht Unsicherheit.
Und mitten im Schmerz mitten in der Trauer werden sie gebeten, still zu sein. Damit das Bild nach außen passt.
Und dann hat sie etwas gesagt,
das mich noch mehr erschüttert hat:
„Alle kennen den Täter. Seine Herkunft. Sein Gesicht.
Aber niemand spricht über unsere Kinder.
Man macht dem Täter ein Denkmal, online.
Unsere Kinder bleiben unsichtbar.“
Und noch etwas hat sie erzählt.
Bei einer Spendenaktion wurde ein Bild ihrer Tochter geteilt
ein Mädchen mit Kopftuch.
Darunter in den Kommentaren stand:
„Davon hätte ruhig noch mehr sterben können.“
Wie ist das möglich?
Wie kann eine Gesellschaft so laut sein und trotzdem genau dort still bleiben, wo es endlich laut werden müsste?
Am Montag telefoniere ich mit der Staatssekretärin für Gesundheit und Soziales.
Ich werde erzählen, was ich gehört habe.
Ich werde erzählen, was Familien erleben.
Und ich werde nicht leiser sprechen als nötig.
Damit niemand mehr darum bitten muss, gehört zu werden.
Für die Kinder. Für die Familien.
Für diese Mutter.
Die mit ihrer Stimme so viele andere vertritt,
weil sie selbst keine Kraft mehr haben zu sprechen.
Ich wünsche mir, dass dieser Beitrag
mit eurer Hilfe mit eurem teilen ein lautes Zeichen wird.
Ein Zeichen gegen das Vergessen.
Ein Zeichen gegen die Ungerechtigkeit.
Ein Zeichen für Menschlichkeit.
Ich habe die Tränen dieser Mutter gehört.
Politiker was hört ihr?
Hört ihr die stummen Opfer dieses Amoklaufs?
Oder seid ihr schon wieder still geworden dort, wo es laut sein müsste?
Ich habe sie gefragt, ob ich das erzählen darf.
Weil ihre Stimme nicht wieder ungehört bleiben darf.

Trainer psychischer Erste Hilfe Sekundarstufe I & II